Die Habsburger zählen ohne Zweifel zu den bekanntesten Herrscherfamilien Europas. „Die Welt der Habsburger“, ein Projekt, das auf eine Initiative der österreichischen Bundesregierung zurückgeht, befasst sich nun mit der Geschichte dieser Dynastie.
Auf den ersten Blick fallen dem Nutzer die geordnete Struktur und die mehr oder weniger interaktiven Inhalte auf. Die Verantwortlichen haben sich auf jeden Fall Mühe gegeben, die grafischen Möglichkeiten des Internets auszunutzen. Ein Stammbaum etwa präsentiert die Herrschaftslinie der Habsburger. Mit einem Klick auf ein Porträt gelangt man zur Biographie der betreffenden Person. Zur Kontextualisierung der Herrscher, Objekte und Geschehnisse stellt das Projekt eine Zeitleiste zur Verfügung. Die Karte, ein weiteres Tool der Seite, erweist sich zwar als nützlich, um die Grenzen des Habsburgerreiches im Laufe der Zeit zu verorten, eine Legende zur Erläuterung der Farben fehlt allerdings gänzlich und Barcelona liegt kurioserweise vor der spanischen Küste. Die Kolonien des spanischen Reiches sind auch völlig außer Acht gelassen worden.
Die Mediathek ist das eigentliche Kernstück des Projektes; ohne sie wäre die Illustration der Texte und Grafiken kaum möglich. Metadaten werden zwar für jeden Eintrag angezeigt, sogar Links zu relevanten Artikeln, allerdings fehlt in manchen Fällen sogar ein Datum. Zudem ist das Archiv kaum international, da die Quellen fast alle aus österreichischen Institutionen stammen. Ein Blick auf die Liste der Partner verschärft diesen Eindruck.
Der Textmodus ist wohl der informativste und lehrreichste Teil der Seite, aber birgt auch eine große Täuschung. Zwar findet man zahlreiche Artikel zu den Habsburgern, unter dem Reiter „Aspekte“ sollte man sich allerdings nicht zu große Hoffnungen machen, detaillierte Informationen zu Technologie, Gesellschaft und Wirtschaft zu finden : der Aspekt „Bewegen“ (mit einem kurzen Text) führt den Nutzer über den Link „Weiterlesen“ schlussendlich zu einem Artikel über Habsburgs Ursprünge – weshalb bleibt jedoch schleierhaft, da hier mit keinem Wort auf Fortbewegungsmittel eingegangen wird. Unter dem Reiter „Themen“ gehen zwar einige Artikel über das Leben und Wirken der Habsburger hinaus, wie der Text „Genusswelten“[1] zeigt. Doch wiederum bleibt der Inhalt stark auf Österreich beschränkt: man erhält bisweilen den Eindruck, als hätte es die spanische Linie der Habrbsurger nicht gegeben und Ungarn wäre nie Teil der k.u.k. Doppelmonarchie gewesen.
Generell ist die Erzählung eher auf höfische, dynastische und biographische Aspekte ausgelegt – und wenn sie mal darüber hinausgeht, fehlt der transnationale Aspekt. Die Welt der Habsburger wird fast als in sich geschlossene, eigene Welt dargestellt, die bestenfalls eurozentrisch, schlimmstenfalls „austriazentrisch“ ist – und in der Ereignisse wie die französische Revolution nur beiläufige Geschehnisse sind, wie es auch der Aufbau der Zeitleiste illustriert. Selbst die Periodisierung orientiert sich eher an das Wirken der habsburger Dynastie. An manchen Stellen, wie etwa in der Biographie Karls V., wäre eine bessere historische Kontextualisierung wünschenswert gewesen, z.B. in Bezug auf die lutherische Reformation.[2]
Andererseits erhält der Nutzer eine Vielzahl an Informationen über die Habsburger, dank der sehr guten und übersichtlichen grafischen Darstellungen. Für Historiker ist die Seite nur bedingt nützlich, höchstens als erste Anlaufstelle um einen gewissen Überblick zu erhalten. In den Artikeln werden zwar die Namen der Autoren angegeben, allerdings keine Fußnoten. Für manche Quellen gibt es auch nicht genügend Metadaten zur Kontextualisierung.
„If Content is king, context is its crown“ lautet der Titel eines Artikels des schwedischen Forschers Pelle Snickars.[3] In „Die Welt der Habsburger“ gibt es zwar einen König – seiner Krone fehlt aber sicherlich mehr als nur eine Zacke.
Referenzen
[1] http://www.habsburger.net/de/themen/genusswelten?language=en [Letzter Zugriff: 7. Dezember 2014]
[2] http://www.habsburger.net/de/kapitel/karl-v-und-der-traum-von-der-universalmonarchie-0 [Letzter Zugriff: 5. Dezember 2014].
[3] SNICKARS Pelle, If Content Is King, Context Is Its Crown ; in : Journal of European History and Culture vol. 1 (1/2012). Verfügbar auf : http://journal.euscreen.eu/index.php/view/article/view/jethc006.